digitale Tools und Themen für Journalisten

Recherchematerialien archivieren mit Evernote

Oliver Havlat

Oliver Havlat

Gastautor Oliver Havlat leitet die Gemeinschaftsredaktion der deutschen Verbraucherzentralen, war zuvor Leitender Redakteur Digitales der Rheinischen Post in Düsseldorf (rp-online.de) und Redaktionsleiter von shz.de in Flensburg. Oliver beschäftigt sich mit Themen wie der Digitalisierung des Arbeitsalltags, aber auch mit Reisegeschichten, die sich um das Thema Wasser ranken. Seine Website: oliverhavlat.de.

So lässt sich Evernote für den journalistischen Arbeitsalltag einsetzen. Im ersten Beitrag der Serie erkläre ich, wie man schnell und effizient ein Archiv für Recherchematerialien aufbaut, das im Volltext durchsuchbar ist.

Evernote ist auch 2013 mein persönliches Tool des Jahres. Mit Evernote lassen sich Notizen erstellen, auf allen Geräten drahtlos synchronisieren und mit Bildern, PDFs und anderen Anhängen versehen, deren Textinhalte Evernote dann auch noch erkennt und finden kann. Sebastian hat Evernote hier auf dem Portal ja schon vorgestellt, in meinem privaten Blog gibts auch noch eine Einführung mit einigen Anwendungsmöglichkeiten im privaten Bereich.

Hier will ich mich damit beschäftigen, wie wir Journalisten Evernote in unserem Arbeitsalltag als effizientes Hilfsmittel einsetzen können. Die Möglichkeiten sind mannigfaltig (und jeder, der das Programm einmal für sich entdeckt und sich damit beschäftigt, wird eigene Anwendungsfälle finden) und ich will hier nur einige Inspirationen geben, indem ich beschreibe, wie ich Evernote in meinem Arbeitsalltag nutze.

Bei Recherchen kommen bei mir stets Papierstapel zustande: Notizen, die ich mir mache, Gespräche, die ich protokolliere, Interviews, die ich führe. Dazu Ausdrucke von Websites, ggf. Material wie Broschüren oder Presseinformationen. Hinzu kommen dann noch digitale Quellen, die ich nicht ausdrucke. Nicht alles, aber vieles davon sollte archiviert werden – und zwar möglichst so, dass ich es schnell und ohne Verrenkungen bei einer thematisch ähnlichen Recherche wiederfinde und zur Hand habe.

Das gilt insbesondere auch für meine handschriftlichen Notizen: Mitunter muss man noch einmal den genauen Wortlaut des Interviewpartners nachschauen oder hatte sich irgendwo noch einen Hinweis oder eine Telefonnummer aufgeschrieben. Würde ich das alles in Papierform aufbewahren, würde mein Schreibtisch irgendwann zusammenbrechen und ich mehr Zeit für die Suche nach schon vorhandenen Materialien aufwenden als letztlich für die Recherche selbst.

Web Clipper

Evernote kann hier helfen: Websites lassen sich mit dem Browser-Plugin „Web Clipper“ sofort und ohne Umweg in Evernote übernehmen. Ausgedruckt werden können die dann, wenn man das möchte, direkt aus Evernote heraus. Der Web Clipper ist auch so schlau, nicht die ganze Website zu kopieren, sondern nur den relevanten (Text- oder Grafik-)Teil. Werbung etc. wird ignoriert.

Den Web Clipper gibt es kostenlos für Firefox, Chrome, Opera, Safari und Internet Explorer (bei letzterem wird er gleich mit der Installation von Evernote für Windows mit installiert). In die Toolbar installiert sich ein kleiner Elefantenkopf. Bei Klick auf den Button öffnet sich ein Menü, in dem Evernote wissen will, wo genau und mit welchem Titel es die Website abspeichern soll. Außerdem wird am Bildschirm eine Auswahl der auszuschneidenden Elemente vorgeschlagen, die man mittels Maus oder Pfeiltasten ändern kann. Wenn alles passt, auf „Speichern“ klicken. Nach wenigen Sekunden ist eine neue Evernote-Notiz angelegt und steht durchsuchbar zur Verfügung.

Downloads in Notizen sichern

Downloads wie Broschüren oder Geschäftsberichte, Karten und andere elektronische Materialien lassen sich ebenso als Notiz in Evernote abspeichern. Der Clou: Genau wie die gesicherten Websites sind diese Daten durchsuchbar. In Bild-Dateien (also beispielsweise JPG-, PNG- und TIFF-Dateien) kann Evernote Text erkennen und in den Suchindex aufnehmen. Das geht auch in der kostenlosen Basisversion. Wer Premium-Kunde bei Evernote ist (mehr dazu hier, Telekom-Kunden können Evernote ein Jahr kostenfrei nutzen, mehr Infos hier), kann auch seine PDFs durchsuchen lassen. Eine Funktion, die besonders beim Handarchiv (siehe unten) von großem Wert ist. Wer den „Web Clipper“ installiert hat, kann das Bild oder die PDF-Datei per Knopfdruck in Evernote ablegen. Ansonsten: Die Datei konventionell speichern, eine neue Evernote-Notiz erstellen und die Datei als Anhang (das Büroklammer-Symbol in der Werkzeugleiste) einfügen.

Handschriftliche Notizen erfassen: Scanner oder Evernote-Dokumentenkamera

Und schließlich lassen sich auch handschriftliche Notizen sehr gut in Evernote erfassen. Dafür gibt es zwei Möglichkeiten. Ich scanne meine Notizzettel (ich verwende immer noch die guten alten Steno-Blöcke) einfach mit einem Flachbettscanner ein (es gibt auch gute Einzugsscanner, die selbst das Blatt-für-Blatt-Scannen überflüssig machen, indem sie die Vorlagen nach und nach automatisch einziehen).

evernote_dokumentenkamera

So funktioniert die Evernote-Dokumentenkamera: Links ein Foto mit der normalen Foto-App des iPhones, rechts ein Schnappschuss mit der Dokumentenkamera. Wo links die Rückseite durchscheint, ist rechts der Kontrast optimiert und der Text klarer lesbar.

Oder ich fotografiere die Vorlagen mit dem Handy ab. In die iOS- und Android-Apps hat Evernote genau dafür die Funktion „Dokumentenkamera“ eingebaut: Anders als bei normalen Fotoaufnahmen mit dem Handy erhöht Evernote hier den Kontrast, entzerrt die Perspektive und kann bei einigen Vorlagen auch die Ränder erkennen und das Bild entsprechend zuschneiden. Das erleichtert wiederum die automatische Erkennung des Textes in der Vorlage.  Für Visitenkarten hat Evernote inzwischen einen eigenen Kamera-Modus eingeführt.

Dem Thema „Evernote und das Papier“ werde ich noch einen eigenen Beitrag widmen. Soviel sei gesagt: Evernote versucht redlich, einerseits die Vision vom papierlosen Büro voranzutreiben und entwickelt fleißig Tablett-Apps, die handschriftliche Notizen aufnehmen können. Andererseits wissen die Macher aber auch, dass diese Vision erstens nicht von allen geteilt wird (von mir auch nicht), andererseits aber auch noch lange eine Utopie bleiben wird. Deswegen werden „Brückentechnologien“, um diesen Begriff hier einmal zweckzuentfremden, zur Übertragung von Papiernotizen ins digitale Universum vorangetrieben. Die beschriebene Dokumentenkamera ist eine davon.

Organisieren des Archivs

Zurück zu unserem Recherchearchiv: Wer will, kann die einzelnen Notizen seiner Recherche mit aussagekräftigen Schlagworten versehen und in ein Notizbuch „Recherchen“ ablegen. Wer lieber einzelne Notizbücher für jede Themenrecherche anlegt, ist frei, auch das zu machen. Mehrere Notizbücher lassen sich dann auch in „Stapeln“, also beispielsweise einem Stapel „Recherchen“, sortieren.

Wie man sein eigenes Recherchearchiv organisiert, ist jedem selbst überlassen. Jeder wird sein eigenes System finden und sich so organisieren, wie es am besten für ihn und seine Arbeitsabläufe passt. Sicher ist: Evernote ist hier ein effizientes Hilfsmittel, denn nichts geht verloren, alle Materialien lassen sich leicht wiederfinden.

2 Responses to “Recherchematerialien archivieren mit Evernote”

  1. 5 neue Tipps für alle, die Evernote privat nutzen | pepperhigh.de

    […] Berufsleben nutze ich Evernote sehr intensiv für verschiedenste Aufgaben (siehe Blogposts bei Journalisten-tools.de), aber auch im privaten Bereich ist Evernote sehr nützlich. Im ersten Teil habe ich schon gezeigt, […]

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