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Ulysses für iPad: Eine minimalistisch und leistungsfähige Schreib-App

Oliver Havlat

Oliver Havlat

Gastautor Oliver Havlat leitet die Gemeinschaftsredaktion der deutschen Verbraucherzentralen, war zuvor Leitender Redakteur Digitales der Rheinischen Post in Düsseldorf (rp-online.de) und Redaktionsleiter von shz.de in Flensburg. Oliver beschäftigt sich mit Themen wie der Digitalisierung des Arbeitsalltags, aber auch mit Reisegeschichten, die sich um das Thema Wasser ranken. Seine Website: oliverhavlat.de.

Ulysses for iPad ist eine ebenso minimalistische wie leistungsfähige App zum Schreiben. Sie hat einen Haken, aber für den können die Entwickler nichts.

Apps zum Schreiben von Texten gibt es wie Sand am Meer – für alle Betriebssysteme und auf allen möglichen Plattformen. Interessant wird es – insbesondere für Freunde der Synchronisation von Daten über mehrere Geräte hinweg – wenn eine App nahtloses Arbeiten an den eigenen Texten auf verschiedenen Geräten verspricht.

Ulysses auf dem iPad (Foto: Oliver Havlat)

Ulysses auf dem iPad (Foto: Oliver Havlat)

Vor einiger Zeit schon habe ich mir die Schreib-App Ulysses für Mac (einen Beitrag dazu finden Sie hier) gekauft – übrigens die mit 44,99 Euro bis dahin teuerste App, die mir jemals auf mein MacBook gekommen ist. Mit dem minimalistischen Schreibprogramm bin ich sehr zufrieden und wurde deshalb hellhörig, als der Ulysses-Hersteller, die Leipziger  Softwareschmiede Soulmen, eine iPad-Version samt der Möglichkeit ankündigte, die eigenen Daten via Apples iCloud zwischen den Geräten zu synchronisieren.

Der Test von Ulysses for iPad (derzeit ist die App nur auf Englisch erhältlich) fällt positiv aus aus – auch, wenn es einige Dinge in Sachen Synchronisation zu verbessern gilt.

Zunächst jedoch das Lob: Das Konzept des ablenkungsfreien Schreibens setzt Ulysses auch auf dem iPad konsequent und grafisch sehr ansprechend um. Die aus der Mac OS-App bekannte Dreispaltigkeit des User-Interfaces wird auf dem Tablet genauso umgesetzt – betriebssystembedingt sogar noch etwas schöner als auf dem Notebook: Wo auf dem Mac Tastenkombinationen erlernt werden müssen, um die Dateiliste oder die Verzeichnisnavigation ein- und auszublenden, genügt auf dem iPad ein intuitiver Wisch auf dem Schirm.

Dark Themes von Ulysses auf dem iPad (Foto: Oliver Havlat)

Dark Themes von Ulysses auf dem iPad (Foto: Oliver Havlat)

Wie in der großen Mutter-App gibt es auch hier verschiedene, minimalistische Bildschirmansichten zur Auswahl und auch die von mir bevorzugte, Augen schonende Variante des „Dark Themes“, bei dem auf helle Schrift vor dunklem Bildschirmhintergrund gewechselt wird, ist hier vorhanden.

Das, was Ulysses auszeichnet, ist die grafisch ansprechende Umsetzung von Markdown, also das Formatieren des Textes über Steuerbefehle. Das beherrscht selbstverständlich auch die iPad-Variante, allerdings fehlt hier die für Markdown-Neulinge wichtige Spalte mit den Formatierungshinweisen. Die lässt sich auf dem Mac per Tastenkombination einblenden, sobald man einen Tipp benötigt, um eine Textstelle mit den richtigen Steuerzeichen zu formatieren. Genauso schnell ist sie wieder ausgeblendet, um den Schreibprozess nicht weiter zu stören.

Wer mit der iPad-App direkt auf der OnScreen-Tastatur des Tablets schreibt, bekommt die wichtigsten Steuerzeichen als -Symbolleiste am oberen Rand der Tastatur angeboten – ein ganz schöner Service, zumindest, wenn man sich mit den wichtigsten Markdown-Regeln vertraut gemacht hat. Schön auch die Statistik-Funktion: Der Zeichenzähler ist am linken Rand der Symbolleiste stets im Blick. Wer drauftippt, erhält sofort eine ausführliche Statistik mit Zeichen, Wort- und Satzanzahl des aktuellen Dokuments.

Wer, wie ich, gerade auf Reisen nur das iPad mitnehmen, trotzdem aber bequem auch längere Texte schreiben möchte, verwendet mitunter eine externe Tastatur (einen Beitrag dazu finden Sie hier). Auch damit kommt Ulysses prima klar. Die erwähnte Symbolleiste findet sich dann am unteren Bildschirmrand, ansonsten stört nichts den Schreibfluss auf dem Bildschirm.

Grafisch macht Ulysses sowohl im Porträt- wie im Landscape-Modus des iPads Spaß. Zum Durchlesen des Geschriebenen ist der Hochkant-Modus sogar noch schöner.

Und exportieren lassen sich die verfassten Werke genau wie in der Mac-Version auch in alle möglichen verschiedenen Formate wie Plaintext, HTML, RTF, ePub und PDF (mit schönen vorformatierten Ansichten – wer da allerdings eigene definieren will, braucht die Mac App).

Zwischen den ein-, zwei- und dreispaltigen Ansichten mit Verzeichnisstruktur, Dateiliste und eigentlichem Editor kann man mit jeweils einem Wisch über den Bildschirm bequem wechseln - sehr gelungen. (Screenshot: Oliver Havlat)

Zwischen den ein-, zwei- und dreispaltigen Ansichten mit Verzeichnisstruktur, Dateiliste und eigentlichem Editor kann man mit jeweils einem Wisch über den Bildschirm bequem wechseln – sehr gelungen. (Screenshot: Oliver Havlat)

Was allerdings leider etwas schwergängig ist, ist die Synchronisierung der Dokumente über die Gerätegrenzen hinweg. Ulysses nutzt hierfür die iCloud von Apple. Die ist bekannt dafür, mitunter träge und manchmal unzuverlässig zu sein. Darunter leiden auch Apps wie Ulysses – läuft die iCloud, läuft auch die Synchronisierung zwischen den verschiedenen Instanzen der App. Hakts bei Apples Cloud-Dienst, ist auch der Ulysses-User aufgeschmissen. Hier wäre es schön, wenn es alternative Synchroniserungsmöglichkeiten gäbe – vielleicht über Dienste wie Dropbox oder Google Drive.

Nicht ganz gelungen ist auch der Dialog, der den User erwartet, wenn es einen Konflikt zwischen zwei zwischenzeitlich veränderten Versionen eines Textes gibt: Dann meldet sich Ulysses mit einer kryptischen Fehlermeldung. Es lägen Synchronisierungskonflikte zwischen den beiden Versionen vor.  Welchen Textes, das verrät Ulysses allerdings nicht. Stattdessen fragt die App nur, welche der beiden Textversionen behalten werden soll. Angezeigt wird jedoch nur das jeweilige Änderungsdatum – ein Vergleich zwischen den beiden Versionen ist allerdings nicht möglich.

Gibt es bei der Synchronisation zwei Versionen, offeriert Ulysses einen Dialog, der fragt, welche der Textversionen man behalten möchte. Welcher Text überhaupt gemeint ist, ist nur an der roten Einfärbung des Dokumenttitels im Hintergrund zu erkennen. (Foto: Screenshot)

Gibt es bei der Synchronisation zwei Versionen, offeriert Ulysses einen Dialog, der fragt, welche der Textversionen man behalten möchte. Welcher Text überhaupt gemeint ist, ist nur an der roten Einfärbung des Dokumenttitels im Hintergrund zu erkennen. (Foto: Screenshot)

Hier können die Leipziger vielleicht noch optimieren. Ansonsten: Eine sehr schöne und solide App für alle, die häufig Online-Texte schreiben!

Hinweis: Der Entwickler „The Soulmen GbR“ hat Gastautor Oliver Havlat eine iOS-Lizenz geschenkt, damit er die App testen und einen Gastbeitrag schreiben konnte. Eine Einflussnahme auf den Inhalt dieses Beitrages erfolgte nicht. 

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